Bruckner begann die Komposition seiner 9. Sinfonie d-moll am 12. August 1887, nur zwei Tage nachdem er die 8. Sinfonie (zunächst) vollendet hatte. Dass er sie bis zu seinem Tod am 11. Oktober 1896 nicht fertigstelle konnte, war weder dem Alter noch einem Schwinden der schöpferischen Kräfte geschuldet, sondern einer mehr als dreijährigen Unterbrechung der Arbeit an dem neuen Werk.
Die Ablehnung der 8. Sinfonie durch den Dirigenten Hermann Levi führte die zweite „der beiden großen Umarbeitungswellen in Bruckners Schaffen“ herbei, in deren Verlauf der Komponist zunächst die 4., dann die 3. und 8. sowie schließlich die 1. Sinfonie einer grundlegenden Revision unterzog. Allein ein volles Jahr beschäftigte ihn dabei die erneute Überarbeitung der ‚Dritten‘, seiner anderen großen d-Moll-Sinfonie, von der er durch weitere Kürzungen eine Art „Fassung letzter Hand“ erstellte, in der das Werk endlich Erfolg hatte. Der Torso, als den er seine 9. Sinfonie hinterließ, stößt durch die „rückhaltlose Entfesselung der harmonischen Zentrifugalkräfte“ bis an die Grenzen der Atonalität vor und damit das Tor zur Musik des 20. Jahrhunderts weit auf. Ein würdiger Abschluss des Sinfonien- Zyklus, der als Klassische Klangwolke ein breites Publikum dazu einlädt, Bruckners Modernität neu zu entdecken.
Anton Bruckner (1824–1896)
Sinfonie Nr. 3 d-moll, WAB 103 (1888–89) „Fassung 1889“
– Pause –
Sinfonie Nr. 9 d-moll, WAB 109 (1887, 1891–94)
Bruckner Orchester Linz
Markus Poschner | Dirigent