Bruckner im Zerrspiegel der Nachwelt
Im letzten Teil der Reihe Böck ist Bruckner rückt das Nachleben des Komponisten in den Fokus. Schon dem Zeitgenossen Hans von Bülow erschien dieser als „Halbgenie + Halbtrottel“ und der die liebgewonnene Vorstellung einer Harmonie von Person und Werk so empfindlich störende Widerspruch zwischen dem ‚einfachen‘ Menschen und seinen komplexen Schöpfungen wurde in der Rückschau nur noch größer. Während Victor Léon und Ernst Décsey mit ihrem 1924 uraufgeführten Erfolgsstück Der Musikant Gottes dem katholisch-konservativen Publikum das klischeetriefende Porträt eines naiv-tollpatschigen, aber tiefgläubigen und gottbegnadeten Künstlers kredenzten, verklärten der NS- wie zuvor schon der Ständestaat ihn zum „deutschen Tonheros“. Als Ergebnis dieser regelrechten Spaltung der historischen Persönlichkeit wird das Bruckner-Bild bis heute „von zwei zentralen Topoi beherrscht: Auf der einen Seite steht der ‚Musikant Gottes‘, auf der anderen der bäuerliche Sonderling, der ‚typisch‘ (ober)österreichische Künstler, der […] unschwer auch in faschistischen Systemen zum Nationalkünstler hochstilisiert werden konnte“. Die Lesung gibt eine unterhaltsame Tour d’Horizon über die vielstimmige literarische Bruckner-Rezeption, die von Musik erklärter Brucknerianer begleitet wird.
Lieder und Klavierwerke von
Anton Bruckner (1824–1896)
Richard Wetz (1875–1935)
Egon Wellesz (1885–1974)
Wilhelm Furtwängler (1886–1954)
Heinrich Kaminski (1886–1946)
u. a.
Wolfgang Böck | Sprecher
Elisabeth Wimmer | Sopran
Daniel Linton-France | Klavier