Fluss≈Geschichten
IN WASSER GESCHRIEBEN
„Mich interessiert die nicht wahrnehmbare Veränderung. Die Gleichzeitigkeit von Fließen und erstarrt sein“, beschreibt der Komponist Klaus Lang eine Facette seiner Klangkunst. Lang ist ein Meister der leisen, sich ständig neu ausbalancierenden Klänge und Fließgleichgewichte, die den Hörer auf eine akustische Reise in die Grenzbereiche der Wahrnehmung entführen. Sein Stück „geschrieben in wasser“ ist Teil einer Flussvermessung, der sich das Trio Weinmeister gemeinsam mit dem Pianisten Marino Formenti widmen wird. Sie führt uns im Wechselspiel von Statik und Dynamik, im unmittelbaren Gegenüber von Alter Musik und zeitgenössischer Moderne durch sehr unterschiedliche musikalische Katarakte und Strömungsverhältnisse. Johann Sebastian Bachs Triosonaten und Klaus Langs Komposition fungieren dabei als Klammer, als Auffang- und Sammelbecken, in dem sich die Einzelstimmen nach solistischen Exkursionen wieder verschränken. Um beim Bild des Flusses zu bleiben und dem diesjährigen Motto unseres Festivals zu folgen: Musik als Zeitkunst ruft uns auch die Vergänglichkeit, Einzigartigkeit und Unwiederbringlichkeit jedes einzelnen Augenblicks – und mit ihm des menschlichen Lebens – in Erinnerung. Was bleibt, wenn die letzte Note ausgespielt, der letzte Ton verklungen ist? Auf dieser Klaviatur entfaltet Salvatore Sciarrinos Hommage an seinen Mentor Luigi Nono ihre suggestive Wirkung. Sein Stück „Perduto in una città d’acque“ (wörtlich: verloren in einer Stadt aus Wasser) entstand unmittelbar nach Nonos Tod und bezieht sich auf Venedig, die Stadt seines Wirkens. Ein Lebensende und eine Frage – gleich an den Anfang des letzten Konzerts dieses Abends gestellt –, die unbeantwortet bleiben muss: Was nehmen wir mit in die Stille der Nacht, ins Danach? Nicht wenig, wenn wir unsere Frage mit Klaus Lang weiter denken: „Was unterscheidet das Geräusch des Regens von Musik? Nichts. Gesteinsformationen entstehen, sie sind für sich ohne wirken zu wollen. In beiden kann sich das Unaussprechliche zeigen. So, wie das Unaussprechliche im Regen enthalten ist, ohne dass der Regen es zeigen wollte, ist es vielleicht in Musik, die es nicht darstellen will.“
Salvatore Sciarrino (*1947)
Perduto in una città d'acque (1990/1991)
Nicola Matteis (1650-1713)
Alla Fantasia
György Kurtàg (*1926)
Perpetuum mobile
Johann Sebastian Bach (1685-1750)
Sinfonia für Streichtrio I (aus den 15 dreistimmigen Inventionen für Clavier BWV 787-801)
Luciano Berio (1925-2003)
Wasserklavier (1965)
Johann Sebastian Bach (1685-1750)
Sinfonia für Streichtrio II
Friedrich Cerha (*1926)
Suite für Violoncello solo
Johann Sebastian Bach (1685-1750)
Sinfonia für Streichtrio III
Klaus Lang (*1971)
geschrieben in wasser (2007) für Streichtrio und Klavier
Johann Sebastian Bach (1685-1750)
Sinfonia für Streichtrio IV,
Kaija Saariaho (*1952)
Nocturne (1994)
Trio Weinmeister
Hanna Weinmeister | Violine
Gertrud Weinmeister | Viola
Bruno Weinmeister | Violoncello
mit Marino Formenti | Klavier
Das Festival 4020 findet in Kooperation mit der LIVA und dem Brucknerhaus Linz statt.