„Eine Violoncellistin […] – dieß fehlte noch!“
Bis weit in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts hinein war das Spielen des Violoncellos für Frauen ein äußerst gewagter Akt. Ehe es im Verlauf des 19. Jahrhunderts zur Norm wurde, das Instrument mit einem Stachel auf dem Boden abzustützen, musste es zwischen die Beine geklemmt werden, was bei Frauen – aus Sicht der Männer freilich – eine unerhörte Anzüglichkeit darstellte. Und auch später wurden die wenigen Cellistinnen, die sich mit ihrer Kunst an die Öffentlichkeit wagten, dazu angehalten, das Instrument in einer Art ‚Damensitz‘ mit überschlagenen Beinen oder beiden Knien hinter dem Korpus zu spielen. Das kraftvolle, sonore Violoncello galt als ‚unweiblich‘. So beschwerte sich der Musikkritiker Otto Gumprecht noch 1876 über die „vereinzelten Orgel- oder Cellospielerinnen und was der befremdlichen Gestalten mehr sind […].“ Mit faszinierenden Werken von Komponistinnen vom Ende des 19. Jahrhunderts bis zu jenem des 20. Jahrhunderts, darunter Nadia Boulangers elegische Drei Stücke und Emilie Mayers leidenschaftliche Sonate d-moll, widmen sich die Cellistin Julia Hagen und der Pianist Alexander Ullman, zwei junge, bereits international erfolgreiche Solist*innen, daher gerade dem lange Zeit unterdrückten weiblichen Blickwinkel auf das Violoncello.
Sofia Gubaidulina (* 1931)
Aus den Zehn Präludien für Violoncello solo (1974, rev. 1999)
1. staccato - legato
2. legato - staccato
4. ricochet
5. sul ponticello ordinario sul tasto
7. al taco - da punta d’arco
8. arco - pizzicato
Mel Bonis (1858–1937)
Cinq Pièces für Klavier, opp. 11, 29, 14, 12 & 28 (1889, 1897, 1889, 1889 & 1897)
Sonate F-Dur für Violoncello und Klavier, op. 67 (1905)
– Pause –
Cécile Chaminade (1857–1944)
Six Romances sans paroles für Klavier, op. 76 (1893)
Nadia Boulanger (1887–1979)
Trois Pièces für Violoncello und Klavier (1913 oder 1915)
Emilie Mayer (1812–1883)
Sonate d-moll für Violoncello und Klavier, op. 38 (1873)
Julia Hagen | Violoncello
Alexander Ullman | Klavier